WR - 13.03.2006

Nina Tripp und Martin Brödemann als perfekt eingespieltes Duo: schräg, amüsant und nachdenklich

Von Monika Salzmann

Lüdenscheid. „Gut, dass ich heute keinen männlichen Begleiter habe! Er hätte's sonst sicher nicht überlebt!" Bei der geringen „Überlebenschance", die Pianisten in Nina Tripps Nähe haben, tut Martin Brödemann (Klavier) gut daran, sich hinter einer rosa Walle-Perücke zu verstecken.

„Wenn du Klavier spielen kannst, nimm dich in Acht vor mir", warnt die Männer mordende Chansonnette, deren Pianisten sich in Orchestergräben stürzen, selbst wenn sie sie - liebreizend lächelnd - auf Rosen bettet. „Ich bin verrückt nach jedem neuen Pianisten", verrät die Iserlohnerin - und setzt bald diesen, bald jenen Virtuosen, der sich an die schwarz-weißen Tasten getraut, auf die Vermisstenliste.

Mit spitzer Zunge und großer Stimme gab Nina Tripp, zu Hause in der Welt des Chansons und der bissig-amüsanten Geschichten, dem Frauenfest zum Internationalen Frauentag am Freitagabend im Roten Saal des Kulturhauses die rechte Würze. Auf Einladung der Frauengruppe „LüdiA" (Lüdenscheiderinnen in Aktion) glänzten die Iserlohner Chansonsängerin und ihr Pianist Martin(a) Brödemann, der sich nach heiterem „Versteckspiel" doch noch zu seinen männlichen Genen bekannte, mit kabarettistischen Liedern von Friedrich Hollaender bis Hildegard Knef, die mal schräg, mal amüsant, hier bissig, dort nachdenklich daherkamen.Wohlfeil dosierte Kabbeleien und Sticheleien des musikalisch perfekt aufeinander abgestimmten Duos verliehen dem Abend einen amüsanten, kurzweiligen Touch. Hildegard Knefs „Für mich soll's rote Rosen regnen" als Zugabe, eindringlich umgesetzt, durfte nicht fehlen im gehaltvollen, anspruchsvollen Melodienreigen, der Kurt Tucholskys Lamento über die Ehe („Danach") mit dem ernüchternd n Fazit „Die Ehe war zum rößten Teile verbrühte Milch und Langeweile" Thomas Pigors "Lass mich einmal an deiner Zigarette ziehen" an die Seite stellte - und "Jene irritierte Auster" in die Mitte rief.

Leider nur mäßig besucht war die Veranstaltung mit „Chansons und Geschichten" zum Frauentag. Wo Hollaenders „Circe", Stichwort Odysseus und Zauber mit Schürze, und die „Vorstadteisenbahn" betörten, waren lokale Spitzen auf Dieter Dzewas und Lüdenscheids nähere Umgebung nicht weit. Ausdrucksvoll, mit zupackendem Biss, interpretierte Nina Tripp ihre Chansons, die von den 20er/ 30er Jahren bis in die Moderne streiften.

Trotzig und aufmüpfig, zynisch und zuckersüß, ging's um den Grand Prix („Sei bitte, bitte blöd zu mir") auch sattelfest in Abgründen des Schlagerkitsches Marke Germany „No point", entdeckte die Sängerin ihren Zuhörerinnen und Zuhörern(!) feine, kleine Ungereimtheiten aus dem zwischenmenschlichen Bereich.Ob sich dabei der Kleinkrieg in der Ehe an der „Marmelade" (Coco Camelle) und dem männlichen Biss ins weibliche Butterbrot entzündete oder sich die „Zersägte Dame" (Friedrich Hollaender) um Haaresbreite die Finger an der Liebe zu ihrem Säger verbrannte: Augenzwinkernd trotzte Nina Tripp ihren Liedern die literarischen Boshaftigkeiten ab und spielte nuanciert auf der vielstimmigen Klaviatur der Gefühle.

Martin Brödemann, Absolvent der Musikhochschule Köln (Abteilung Wuppertal) und Komponist des uraufgeführten Beitrags „Abschied Zigarette", brillierte in einfühlsamer Begleitung und fand Ausdrucksmöglichkeiten für nachdenkliche Zwischentöne.




 

Das gewisse Extra...

Nina Tripp, Jahrgang 1967, sammelte bereits als Achtjährige erste Bühnenerfahrungen als Sängerin in der Jazzband ihres Vaters. Mit 14 erreichte sie einen 3. Platz beim Landeswettbewerb „Jugend jazzt", nahm Gesangsunterricht und kam auf (Um)wegen über den Jazzgesang zum Chanson. Ihr erstes Programm, „Ich hab noch einen Koffer aus Berlin", widmete sie Marlene Dietrich. Im September 2000 entstanden im Parktheater Iserlohn ihre erste CD „Von Kopf bis Fuß verhollaendert" mit Chansons von Friedrich Hollaender und ein gleichnamiges Theaterprogramm, das bis heute erfolgreich aufgeführt wird. „Tschatsch - das gewisse Extra" heißt ihr neues Programm.